Mudddiandmore spricht Tacheles: Das ehrliche Stellengesuch

„Meine größte Schwäche? Schokolade natürlich. In allem anderen bin ich 1a.“

„Nein, nein, monotone Büroarbeiten finde ich natürlich total klasse.“

„Na klar bin ich fit im Umgang mit Excel. Fitter geht`s gar nicht“

„Und natüüüüürlich mache ich auch gerne Überstunden und arbeite auch am Wochenende, denn Freizeit wird ja vollkommen überbewertet.“

Willkommen in der Welt des großen Bluffs. Nein, nicht der Partner- oder Wohnungssuche, sondern dem anderen Großgebiet des Schwächen-Verschleierns und Stärken-Simulierens: der Jobsuche. Wie wäre es also mal zur Abwechslung mit einem ganz ehrlichen Anschreiben wie diesem?

Lieber potenzieller Arbeitgeber,

ich schreibe Dir, weil mich etwas in Richtung gutes Gehalt/entfristeter Vertrag/interessanter Arbeitsbereich an Dir anspricht – und ich Dich daher näher kennenlernen möchte.

Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?

Ich bin stolze Mutter. Und trotzdem will ich arbeiten. Ernsthaft. Und ja, ich habe es mir wirklich, wirklich, wirklich gut überlegt. Denn stell Dir vor Arbeiten gehört – abgesehen vom finanziellen Aspekt – einfach zu meinem Selbstverständnis dazu.  Mit 14 Jahren habe ich als Aushilfe im Autohaus angefangen zu jobben und auch als Studentin und Absolventin emsig als Interviewerin, Promoterin, Messehostess, Übersetzerin, Nachhilfelehrerin und Co. weitergearbeitet und…Moment? Für Dich sind Mitarbeiterinnen, die Mütter sind, kein wandelnder Widerspruch? Dann bist Du auf jeden Fall schon mal ein Arbeitnehmer wie keiner. Und hast nicht nur einen, sondern direkt zehn Steine bei mir im Brett.

Mein Fachgebiet: Menschen und ihre Macken

Ich bin Geisteswissenschaftlerin, genauer gesagt studierte Sozialwissenschaftlerin, weil ich nichts spannender finde, als die „Spezies“ Mensch. Gut. Okay. Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass ich im Gegensatz zu den meisten meiner Mitschüler nach dem Abi nicht haargenau wusste, was ich einmal werden möchte. Insofern kam dieser Studiengang auch bekannt als Sammelsurium verlorener Abiturientenseelen wie gerufen für mich. Doch bis heute bin ich immer noch im Einklang mit dieser Wahl, denn ganz ehrlich: Gibt es etwas spannenderes als den Homo Sapiens mit allen seinen Ticks und Spleens?

Ich schreibe also bin ich

Ich gehöre der Kategorie kreativ-intuitiv an, mit geordneten Schreibtischen habe ich es daher nicht so.  Dafür brilliere ich mit Ideenreichtum und extra schnellem Einarbeiten in mir bis dato nahezu unbekannte Arbeitsbereiche.  Denn, wenn es eines gibt, was man im Studium der Sozialwissenschaften lernt, dann auf jeden Fall das: interdisziplinär zu arbeiten. Doch wenn eine gute Fee mich fragen würde, was ich bis ans Lebensende machen möchte, ist die Antwort: schreiben. Ganz egal in welcher Façon. Mein Palettenspektrum reicht dabei von Grußworten über Fachbeiträge bis hin zum facebook-Posts. Du kannst mich also problemlos in Deine Referenten, PR-, Marketing oder Öffentlichkeitsabteilung einbauen. Oder auch als Querschnittszauberwaffe einsetzen. Aber ich tauge auch als Referentin für politische, soziale oder andere Unternehmen, deren Hauptziel nicht allein darin besteht, die Aktionärs-Dividende in die Höhe zu treiben. Sondern diesen unseren Planeten ein klein bisschen besser, grüner und auch schöner zu machen. Und ganz wichtig: fair zu seinen Mitarbeitern ist. Denn, was Du nach außen hin vorlebst, sollst Du natürlich auch intern ausleben.

Ich arbeite, um zu leben. Du auch?

Ich arbeite sehr, sehr gerne. Aber ich weiß auch, dass ich mich an meinem Totenbett kaum an die Momente an meinem Schreibtisch oder Büro erinnern werde. Und deswegen freue ich mich darüber, wenn Du einen Anker im Leben hast, der ganz tief diesseits der Arbeitswelt steckt. Natürlich musst Du nicht verheiratet sein, aber die wichtigste Beziehung deines Lebens sollte, wenn möglich, nicht Deinem Arbeitsumfeld gelten.

Sing mir ein Loblied oder zwei…

Was Du noch wissen solltest: Ich bin kein Mädchen für eine kurze Nummer in Form von Zeitverträgen, sondern monogam. Und ein außerordentlicher Fan von langfristigen Beschäftigungsverhältnissen. Denn wenn ich mich angenommen und „angekommen“ fühle, blühe ich wortwörtlich auf. Und das wirkt sich natürlich auch auf meine Leistungen aus – und zwar in positiver Hinsicht. Denn als Expertin in Sachen Selbstkritik sehe ich meine eigenen Fehler sowieso schon in tausendfacher Vergrößerung vor meinem inneren Auge, während ich meine Erfolge in schöner Regelmäßigkeit unter meinen Scheffel stelle. Also sing mir ruhig regelmäßig ein Loblied oder zwei, und sag mir nicht nur, was ich noch anders, besser oder schneller hätte machen können, sondern auch, warum ich eine wie keine bin.

Und kannst Du Dir trotz oder vielleicht gerade wegen meiner unretouchierten Ich-Präsentation eine Arbeitsbeziehung mit mir vorstellen? Dann könnten wir ja bei einem leckeren Essen ins Gespräch kommen. Da redet es sich doch gleich viel leichter, als in einem drögen Büro. Gerne auch bei einem leckerem Stückchen Schokotorte. Denn ganz ehrlich: Schokolade ist keine Schwäche, sondern zelebrierte Lebensqualität! Jedenfalls für mich.

Und wenn Du vorher einen Blick auf meine Arbeitszeugnisse und meinen Standardlebenslauf werfen möchtest, kannst Du mich natürlich auch gerne anmailen unter mariateggers@yahoo.de.

Danke für die Aufmerksamkeit

Maria

 

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