Wer A sagt, muss nicht B sagen

Schreiben: Eine gute Methode um sein Gedankenkarussel zu ordnen

 Muddiandmore über Wege aus dem Gedankenkarussel

Ich bin Maria, 34 Jahre alt und eine Gefangene. Ich trage keine Handschellen und doch bin ich wie paralysiert. Ich trete auf der Stelle und komme nur schwer voran. Von außen ist meine Zelle nicht sichtbar. Denn mein Kerker befindet sich tief in mir drinn: in meinem Kopf.  Dort tummeln sich Sätze, die mich schier einschnüren. Sie heißen: „Wer A sagt, muss auch B sagen“ oder auch „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“. Manche Sätze sind von klein auf an meiner Seite, manche haben erst im Laufe der Zeit den Weg zu mir gefunden. Doch gefühlt ist dieses Gedankengefängnis schon immer da. Kein Wunder also, dass es im täglichen Duell gegen das eigene Bauchgefühl oft die Nase vorn hat. Also aufgeben? Nein, umdenken! Und einige Sätze ein- und für allemal auf die Straße setzen.

Nein zu Anderen, Ja zu mir

Eine meiner Leitgedanken lautet: „Ich muss es allen recht machen.“ Ich bin also eher der Friede-Freude-Eierkuchen-Typ, der den Konflikt und das N-Wort (besser bekannt als Nein) scheut wie der Teufel das Weihwasser. Das Problem dabei? Ich tue mir dadurch selbst meist Unrecht. Denn wisst Ihr was? NIEMAND kann es allen und jedem rechtmachen. Meist bleibt irgendjemand dabei auf der Strecke. Und dieser jemand bin dann oftmals Ich. Schließlich heißt ein JA zu anderen, gleichzeitig NEIN zu mir. Rein theoretisch ist mir das schon lange klar. Doch wie so oft hapert es bei mir in der Praxis. Also wieso schmeiß ich diesen Satz dann nicht einfach hochkant aus meinem Kopf? Na, weil er sich dort oben schon sehr lange sehr gemütlich gemacht hat und nicht daran denkt auszuziehen. Und auch ich zu der Spezies der Gewohnheitstiere gehöre, die sich mit Veränderungen naturgemäß schwertun.

Selbsterkenntnisder erste Schritt zur Besserung

Soll ich mich also einfach damit abfinden und Ruhe geben? Mitnichten. Ich möchte kämpfen – und wieder die Oberhand über mich und meine Wünsche gewinnen. Mein Rüstwerkzeug heißt dabei: (Selbst-)Erkenntnis. Denn sich seiner eigenen Glaubenssätze bewusst zu werden und sie kritisch zu reflektieren, ist der erste Schritt zur Besserung.

Habe ich Spaß?

Und der zweite Schritt? Ist für mich Achtsamkeit. Gütig auf sich selbst und die ureigenen Bedürfnisse schauen. Sich selbst ein guter Freund sein und fragen: Wie geht es mir heute? Und würde mir dieses oder jene Aktivität wirklich guttun oder ist weniger mehr? Auch folgenden Überlegungen gehe ich nach: Habe ich Spaß oder funktioniere ich nur? Fühle ich mich lebendig und im Einklang mit mir selbst? Und gibt mir diese oder jene Tätigkeit Energie oder raubt sie mir welche? Denn ich will nicht länger warten, bis mein Körper die Notbremse zieht und sich in Form eines Hörsturzes, Burn-Outs oder sonst was bemerkbar macht. Nur, weil ich auf seine ständigen Signale nicht gehört habe.

Das Schöne: Es gibt schon erste, zaghafte Erfolge. Denn während ich diese Zeilen schreibe, bin ich komplett im Einklang mit mir. Weil dieses in die Tasten hauen und meine Gedanken zu Papier bringen, einfach mein Ding ist. Er nährt und stärkt mich. Und macht mich einfach glücklich. Trotzdem liegt noch ein langer Weg vor mir, um mich aus den Fesseln meines Gedankenlabyrinthes zu befreien. Doch wie heißt es so schön: „Auch die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt.“ Und das ist mal ein Leitsatz, der gut und gerne in meinem Köpfchen wohnen bleiben darf.

Und habt Ihr euer Gedankenkarussel im Griff? Und was hilft euch aus dieser Spirale raus?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgt mir auf:

6 Gedanken zu „Wer A sagt, muss nicht B sagen“

  1. Hey Maria,

    du sprichst mir aus der Seele. Eigene Glaubenssätze aufzuspüren und sie dann immer wieder im Kopf zu ersetzen, wenn sie wieder auftauchen, erweist sich auch bei mir als sehr schwierig. Es ist sehr mutig von dir, dieses Thema anzusprechen und sehr ermutigend für mich, da ich mich in der letzten Zeit sehr viel damit beschäftigt habe und dachte, dass es nur mir so geht. Danke dir!

    1. Hi Valentina,

      ja, es ist wirklich nicht einfach diese festgenisteten Sätze und Gedanken aufzuspüren und bewusst zu hinterfragen. Und ich finde es auch schön zu wissen, nicht allein damit zu sein.
      Schön, dass Dich der Artikel so angesprochen hat.
      Ich freue mich immer total über Feedback und bin dann doppelt motiviert, weiterzumachen (:
      Ganz liebe Grüße

  2. Jeder ist seines Glückes Schmied,
    sagte meine Mutter achselzuckend, wenn ich mich mal wieder über ihre naiven Weisheiten hinwegsetzte.
    Es gab öfters Momente, in denen ich mich als Kind über ihre eingebläuten Sprichwörter hinwegsetzte. Doch es geschah immer mit einem mulmigen Gefühl in mir.
    Ein Beispiel:
    Mutters Warnung »Schuhe auf dem Tisch« bringen Unglück« hatte ich, wie all ihre anderen Weisheiten hundert mal und mehr gehört. Wer will schon gerne Unglück haben? Niemand!
    Dennoch war ich eines Morgens versucht auszuprobieren was passieren würde, wenn ich einen Schuh während des Schuheputzens auf dem Küchentisch abstellte.
    Da ich während dieser Prozedur auch noch sang, war das Ergebnis doppelt schlimm zu erwarten. »Denn, wer am Morgen singt, den holt am Mittag die Katze«!
    Mit einem spitzen »NEIN, um Gottes Willen« wurde der Tisch stehenden Fußes von der lieben Mum abgewischt.
    Tja, nun hatte ich A gesagt, würde, dass B unumgänglich folgen?
    Als Kind lauerte ich was wohl passieren würde, ein mulmiges Gefühl begleitete mich…

    Das alles ist Jahrzehnte her, heute bin ich eine betagte Seniorin, erinnere mich an die vielen Sprichwörter meiner Mutter, die mir infiltriert wurden. All ihre Sprüche und Wahrsagungen kleben auch heute noch an mir. Manche wecken ein Schmunzeln, andere sind mir in Fleisch und Blut übergegangen.
    Wirklich gleichgültig scheinen mir Mutters Weisheiten nicht gewesen zu sein, denn ich habe etliche Leitsätze inbrünstig und wahrhaftig an meinen Sohn weiter gegeben.

    Nachdenklicher Schmunzelgruß von Jane (67)

    1. Da hat die Jane recht – denn ich bin der von ihr im letzten Satz erwähnte Sohn. Und sie hat tatsächlich viel von ihrer Spökenkiekerei (so hieß das bei uns zuhause! https://www.mundmische.de/bedeutung/7479-Spoekenkieker) an mich weitergegeben.
      Und Maria/Jane: ich kann Eure Gedanken und das Gedankenkarussel nachvollziehen. Allerdings haben diese alten Leitsätze auf mich (Gott sei dank) keinen so großen Einfluss.
      Trotzdem versucht man natürlich, “es möglichst vielen recht zu machen” – und das ist ja auch nicht immer schlecht. Sondern zeugt ja auch von Konsensesfähigkeit

      1. Hi Rob,

        danke für die Ergänzung aus der Sohnperspektive. Und ja, Konsensfähigkeit ist auf jeden Fall eine tolle Eigenschaft. Klasse, dass Du diesen Aspekt hervorhebst.

        Viele Grüße

        Maria

    2. Hi Jane,

      danke für das Teilen Deiner Erlebnisse.
      Ich finde auch, dass viele Leitsätze gar nicht mal sooo schlecht sind. Nur sind ebend nicht alle immer per se das Richtige für einen.
      Und wichtig ist ja auch einfach, dass man sich dessen “bewusst” ist.

      Viele liebe Grüße

      Maria

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